China: Praktikum in Peking

Für das Pflichtpraktikum war mein primäres Ziel Erfahrung im Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zu sammeln und ein besseres Gefühl für die Arbeit vor Ort zu entwickeln, da diese Arbeit von außen betrachtet erstmals sehr abstrakt ist. Aus diesen Gründen habe ich ein Praktikum bei der Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) angestrebt und auch, um auch konkret die deutsche Entwicklungsarbeit im Ausland kennenzulernen. Das Praktikum erstreckte sich über den Zeitraum von Oktober 2016 bis Februar 2017.

GIZ-China Sustainable Transport in China

Das Projekt, an dem ich beteiligt war, wird im Auftrag der Deutschen und Chinesischen Regierung umgesetzt. Das Ziel der Deutsch-Chinesischen Zusammenarbeit für klimafreundlichen Verkehr ist es, Entscheidungsträger in relevanten Regierungsstellen über Strategien aufzuklären, die den Verkehrssektor in China klimagerechter weiterentwickeln können. Natürlich ist China kein klassisches Entwicklungsland mehr und benötigt auch keine Hilfe, um die eigene Wirtschaft zu entwickeln. Aus diesem Grund läuft die Zusammenarbeit bilateral ab. Die Rolle der GIZ China ist es vor allem, Projekte mit chinesischen Partnern zu implementieren sowie deutsche Ministerien und die Bundesregierung über aktuelle und kommende Entwicklungen in China zu informieren, sodass dementsprechend reagiert werden kann.

Tätigkeiten

Über meine Erfahrung bei der GIZ kann ich zusammenfassend sagen, dass es für mich sehr spannend war mich in ein mir fachlich bisher recht unbekanntes Thema einzuarbeiten. Auch die Gelegenheit, die Vor- und Nachteile der Arbeit bei einer Organisation wie der GIZ sowie die Stärken und Schwächen solcher Organisationen kennenzulernen, war für mich sehr wichtig. Konkret war ich verantwortlich für „Digital Media and Communications“ des Projektes doch meine Tätigkeiten haben ein wesentlich breiteres Aufgabenfeld umfasst. Es ging vor allem darum, die Projektaktivitäten einer breiteren Öffentlichkeit über verschiedene Kanäle wie Social Media und Blog bekanntzumachen. Dazu habe ich u.a. Artikel über Elektromobilität und die chinesischen Fünf-Jahres Pläne verfasst, zusätzlich habe ich an Publikationen und Briefings mitgearbeitet.

Land & Leben

Im Laufe meines Aufenthaltes hat mich China immer wieder aufs Neue beeindruckt. Die Entschlossenheit und der enorme Wille, Projekte umzusetzen: wenn die Regierung etwas beschließt, so wird es getan, ganz gleich was es kostet. So haben Beijing und Shanghai zum Beispiel die größten U-Bahn Netzwerke der Welt und China das größte Hochgeschwindigkeitsstreckennetzwerk für Züge innerhalb von wenigen Jahrzehnten aus dem Boden gestampft. Natürlich geht diese enorme Entwicklungsgeschwindigkeit mit einigen entscheidenden Problematiken einher. Durch meinen Aufenthalt hat sich mir die Gelegenheit geboten, die Vorzüge unseres Systems in einem anderen Licht zu sehen.

Auch war es für mich das erste Mal, dass ich mich in den Fernen Osten begeben habe. Auch war es für mich das erste Mal, in einem Land zu sein, in dem ich praktisch stumm war und mich weder verständigen noch Schilder erraten konnte. Es hat eine Menge Kreativität und Mut gefordert, mich darauf einzulassen und es mit Zeichensprache, Handyübersetzer, Taschenrechner (zum Handeln) und ein paar auswendig gelernten chinesischen Wörtern zu probieren. Anfangs bin ich in viele verwirrende und unangenehme Situationen geraten, vor allem aufgrund der Sprachbarriere und meines anfänglichen Unwissens über Bräuche und Kultur, was alles Teil des Kulturschocks war: ich konnte anfangs nicht mal mit Stäbchen essen. Auch ist die Luftverschmutzung und deren physische und psychische Folgen nicht zu vernachlässigen. Es ist schwer sich vorzustellen, wochenlang kein Sonnenlicht zu sehen und vor allem keine frische Luft zu haben und permanent das Geräusch von Luftfiltern im Ohr zu haben und sich nur mit Atemschutzmasken ins Freie begeben zu können.

Besonders bereichernd empfand ich den Kontakt zu einer komplett anderen Kultur, vor allem einer solch alten Kultur, Mentalität, Philosophie und Literatur. All jenes war sehr bereichernd und hat mir eine neue Sicht auf Dinge ermöglicht und meinen Horizont erweitert. Bemerkenswert fand ich den Glauben vieler Chinesen, dass die momentane Stärke Chinas eine Rückkehr zu alter Größe ist und die Schwäche im 19. Jahrhundert unter anderem dem Kontakt mit den westlichen Nationen zuzuschreiben ist –und China eben kein neuer „Rising Star“ am Horizont der Weltmächte ist wie viele westliche Kommentatoren schreiben.

Während meines Aufenthalts sind mir viele Themen begegnet, zu denen ich keine Antwort hatte und mir keine gegeben werden konnten, was dazu geführt hat, dass ich mich intensiv mit der Geschichte, der Politik des Landes und der Zukunftsfragen auseinandergesetzt habe. Dadurch habe ich neue Perspektiven und Ansichten gewinnen können. Insgesamt muss ich auch sagen, dass ich gelernt habe, wie extrem divers „der Chinese“ ist, welcher uns zuhause einfach als uniformer Mensch verkauft wird und wie verzerrt uns vieles in der Schule beigebracht wurde. Würde ich meine alte Erdkundelehrerin von damals wieder sehen, dann würde ich gerne meinen Unmut über ihre Unterrichtsinhalte und Einstellungen zum Ausdruck bringen. Letztendlich ist das natürlich ein gewisser, wenn auch subtiler, Rassismus einer Milliarde Menschen gegenüber.

Fazit

Dieser Aufenthalt war für mich eine sowohl persönliche als auch berufliche Herausforderung, die mich sehr bereichert hat. Ich denke, dass ich an den neuen Herausforderungen gewachsen bin. Rückblickend würde ich das auf jeden Fall nochmal tun und bin sehr dankbar, dass mir diese Möglichkeit eröffnet wurde. Jedem/Jeder, der/die nach China möchte, kann ich nur sagen, dass nichts einen auf China wirklich vorbereiten kann. Man muss einfach hin und es dort lernen.

Mein Rat diesbezüglich wäre: Just do it!

 

Ziad Elgendy ist Stipendiat des Avicenna-Studienwerks und studiert Politikwissenschaft an der Universität Mannheim

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